Weingut Frühwirth
Klöch, Steiermark
Zurück zu den Rebenwurzeln
Weinarchitektur ist seit gut zwei Jahrzehnten in aller Munde. Doch im Gegensatz zu den frühen Projekten üben sich die heutigen Weingüter in einer fast schon zurückhaltenden Bodenständigkeit. Das schmeckt im Abgang.
Architekt Michael Maier deutet auf die Glaskästen mit den darin geschlichteten, leeren Weißweinflaschen: »Wenn es am Abend dunkel wird, zeigt sich das Weingut von seiner schönsten Seite. Die alten Weinflaschen werden von hinten beleuchtet und hüllen den Verkostungsraum auf diese Weise in ein warmes, fast mystisches Licht.« Auch im Weinlager im alten Kellerstöckl, tief drinnen im vulkanischen Hangmassiv, ist das Element der geschlichteten Bouteillen wiederzufinden. Allerdings musste hier auf den Lichteffekt verzichtet werden. Die direkte Bestrahlung würde dem Wein Schaden zufügen.
»Der Wein steigt in das Gehirn«, will schon William Shakespeare gewusst haben, »macht es sinnig, schnell und erfinderisch, voll von feurigen und schönen Bildern.« Und ja, was die Gestaltung von Weingütern und Winzerbetrieben betrifft, waren die Architektinnen und Architekten in den letzten Jahren besonders kreativ unterwegs. In Österreich, aber auch in Italien und Spanien ist es gelungen, der Weinbranche durch innovative, vielfach publizierte Bauwerke ein neues, frisches Image zu verpassen. Klingende Namen wie Steven Holl, Frank O. Gehry und Santiago Calatrava haben hier ihre Spuren hinterlassen.
»Es sind damals ein paar tolle Leitprojekte entstanden«, meint Maier. »Aber ich frage mich immer: Wie viel Architektur verträgt der Wein wirklich? Die meisten Bauten, die ich kenne, sind mehr Kult als Keller. Das sind Kapitalen der Lust.« Maier, der im steirischen Fohnsdorf das IA Ingenieurbüro leitet und in den letzten Jahren bereits einige Weingüter und Winzerstuben geplant hat, konzentriert sich in seiner Arbeit lieber auf den Lokalkolorit sowie auf die Geschichten der Familien. So auch im 2015 entstandenen Weingut Frühwirth in Klöch, nur einen knappen Kilometer Luftlinie von der slowenischen Grenze entfernt.
»Ich bin kein Freund von großen Gesten, von Protz und Prunk. Stattdessen bemühe ich mich, im Gespräch mit den Auftraggebern die Seele des Unternehmens herauszukitzeln.«
Michael Maier
»Ich bin kein Freund von großen Gesten, von Protz und Prunk. Stattdessen bemühe ich mich, im Gespräch mit den Auftraggebern die Seele des Unternehmens herauszukitzeln und darauf dann zu reagieren.« Der von ihm geplante Glaspavillon, der für Verkostungs- und Verkaufszwecke genutzt wird, respektiert den historischen Bestand der Zwanziger-, Dreißiger- und Siebzigerjahre und verknüpft die bisher freistehenden Einzelbauten zu einem unter einem Glasdach zusammenhängenden Ensemble. »Die Treppenlandschaft im Inneren des Gebäudes ist eine Fortführung der umliegenden Topografie«, so Maier. »Und die Stahl-Glas-Konstruktion ist, wenn Sie so wollen, eine etwas freiere Interpretation eines Weinblatts mit seinen vielen Adern und Verästelungen.« Auch an anderer Stelle findet sich das Blattmotiv wieder: An der Holzwand, die das dahinterliegende Büro vom öffentlichen Bereich trennt, kamen einen Meter große, gelaserte Reliefs zum Einsatz. Als Grundlage diente ein in den Reben vorgefundenes und eingescanntes Weinblatt.
Autor:
Wojciech Czaja / Falstaff 12/2016
Entwurf 2014
Weinarchitektur